Big Bang oder nur Big Bullshit? (Teil 1: CMBR)

Es gibt Sachen, die faszinieren, auch wenn man bestenfalls die Hälfte versteht. Oder vielleicht gerade deswegen. Zum Beispiel die sogenannte kosmische Mikrowellenstrahlung: cosmic microwave background radiation oder kurz CMBR. Speziell deren Anomalien und (Un-)Regelmäßigkeiten, die von mehreren Projekten der NASA und ESA in den vergangenen Jahrzehnten dokumentiert worden sind, sorgen für Verwunderung in der Physik. Seit wenigen Wochen liegen ja weitere neue Daten der 2013 beendeten Planck-Mission vor. Aber was ist überhaupt die CMBR? Diese besondere Form der kosmischen Strahlung trifft aus allen Richtungen des Weltalls in unserem Sonnensystem ein und entspringt den äußersten der Beobachtung zugänglichen Bereichen des Universums, d.h. der Zeit um etwa 380.000 Jahre nach dem Urknall bzw. big bang. Noch weiter „draußen“ verhindert eine strahlendämmende Plasmaschicht, dass Teleskope bzw. Sensoren tiefer ins All blicken können – und damit noch weiter zurück in die Frühgeschichte des Kosmos. Die CMBR liefert somit Rückschlüsse auf Vorgänge in der Frühgeschichte des Universums.

Kommen wir mal direkt zur Sache. Bereits in den Jahren 2001 bis 2010 wurde die CMBR gewissermaßen kartografisch erfasst, und zwar von der Wilkinson Microwave Anisotropy Probe (WMAP). Was genau hier kartografiert wurde, sind minimale (für normale optische Teleskope natürlich unsichtbare) Temperaturschwankungen innerhalb der Mikrowellenstrahlung, die bereits einige Jahre vorher vom NASA-Satelliten COBE entdeckt worden waren. Stellt man die über neun Jahre von WMAP erstellten 360°-Aufnahmen der CMBR als zweidimensionale Karte dar (ähnlich wie bei einer Weltkarte), dann sieht das der NASA zufolge so aus:

 

Quelle: NASA / WMAP Science Team
Quelle: NASA / WMAP Science Team

 

Die Farben (orange = wärmer; blau = kälter) zeigen Temperaturschwankungen von +/- 200 Mikro-Kelvin um den Nahezu-Temperaturnullpunkt 2,73 Kelvin. Die Überraschung besteht allerdings nicht darin, dass es überhaupt Fluktuationen in der Temperaturverteilung gibt – für diese könnte man Störfaktoren wie „im Weg stehende“ Galaxien und andere Himmelsobjekte oder schlicht unvermeidbare Messfehler verantwortlich machen -, sondern in der Größe bzw. Flächenhaftigkeit und auch Polarisation der Temperaturschwankungen, die klar macht, dass es tatsächliche Anisotropien in der CMBR gibt (so das prägende Schlagwort), von denen klassische Modelle des Urknalls, die von einer Isotropie (Gleichförmigkeit in allen Richtungen) des Weltalls ausgehen, wenigstens teilweise in Frage gestellt werden. Die konkreten Muster und Richtungen dieser Anisotropien analysierten die Forscher unter anderem mittels Kugelflächenfunktionen. Als deren Ergebnis lassen sich jedenfalls bestimmte Ebenen, Pole oder Achsen (engl. „lobes“) in ein erweitertes Modell des Universums einzeichnen, das neue Aufschlüsse über dessen Struktur und vielleicht auch Entstehung liefert.

Wow! Schaut man sich die „lobes“ und Achsen mal genau an (speziell in den Darstellungen von „Quadrudpol“ und „Oktupol“) und komplettiert das Modell um die Koordinaten für unser Sonnensystem, so zeigt sich, dass deren Ausrichtung im kosmischen Gesamtbild keineswegs rein zufällig zu sein scheint, sondern einen symmetrischen Aufbau ergibt; erstens verhalten sich die von den Forschern berechneten primären Ebenen in der CMBR fast genau im rechten Winkel zu der Ebene, die durch die Kreisbahnen der Planeten um die Sonne gebildet wird (Ekliptik); zweitens trennt die Ebene unseres Sonnensystems die wärmsten und kältesten „lobes“ in der bekannten CMBR-Karte augenscheinlich mehr oder weniger in präzisem Abstand voneinander bzw. steht jedenfalls zur Ebene zwischen diesen Polen parallel (siehe Grafik; ebenfalls eingezeichnet ist die Bewegungsrichtung der Sonne im Winkel von 10° zur Ebene der Kreisbahnen). Forscher des Imperial College London titulierten die „Vorzugsrichtung“, auf der sich die stärksten Temperaturfluktuationen offensichtlich verteilen, im Jahr 2005 spaßeshalber als Axis of Evil (Studie als PDF) und räumten die Möglichkeit ein, dass diese Achse Beleg für eine ungleichmäßige Struktur und Ausdehnung des Weltalls sein könnte: „anisotropic expansion“. Fazit: Es scheint im Weltraum mehr „Ordnung“ zu geben, als es etablierte physikalische Modelle nahelegen.

cosmic-alignment

Wie man hört, sollen die seit 2013 veröffentlichten Daten aus der Planck-Mission die neuen kosmologischen Rätsel zwar leicht relativieren, die Tatsachen aber grundsätzlich bestätigen.

Spannende Sache. Mehr in Teil 2.

-MR

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